Montag, 27. Februar 2012

Nele Neuhaus: Tiefe Wunden

gelesen von: Anna (List; Taschenbuch; 8,99 Euro)

"Nur selten gestattete Vera sich einen Blick zurück. Heute, an ihrem fünfundachtzigsten Geburtstag, erschien es ihr aber durchaus legitim, wenigstens kurz all derer zu gedenken, die sie nach und nach im Stich gelassen hatten. Von einigen Weggefährten hatte sie sich leichten Herzens getrennt, bei anderen war es ihr schwerer gefallen."

Inhalt:

Der Mord glich einer Hinrichtung. Wer ist in der Lage, einen 92-jährigen Mann mit einem Genickschuss zu töten? Und David Josua Goldberg muss den Täter gekannt haben, denn die Polizei findet keine Spuren eines Einbruchs - dafür eine rätselhafte Zahl an der Wand, ins Blut des Toten geschrieben. Das Ganze wird noch seltsamer: Bei der Obduktion entdeckt der Rechtsmediziner auf der Innenseite von Goldbergs linkem Oberarm Reste einer Blutgruppentätowierung, wie sie bei Angehörigen der SS üblich war. Bevor Hauptkommisar Oliver von Bodenstein und seine Kollegin Pia Kirchhoff ermitteln können, wird ihnen der Fall Goldberg von übergeordneter Stelle entzogen. Dann geschehen zwei weitere Morde: Hermann Schneider, dessen Keller mit Nazi-Devotionalien dekoriert ist, wird ebenso hingerichtet wie die 88-jährige Anita Frings, die der Mörder zuvor aus dem Seniorenstift entführt. Auffällig viele Spuren führen zur Familie der hochangesehenen Unternehmerwitwe Dr. Vera Kaltensee - und zurück in den Januar 1945 in Ostpreußen.

Meine Meinung:

Nele Neuhaus und ich... das war ohne Zweifel Liebe auf den ersten Blick. Und auch der zweite Blick in einen ihrer Krimis hat mich nicht im Geringsten enttäuscht, sondern mich noch mehr begeistert, als Schneewittchen muss sterben.

In Tiefe Wunden geht es bereits in den ersten Kapiteln mächtig zur Sache. Die beiden Ermittler Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff haben es mit drei grausigen Morden zu tun, die alle ihre Bekanntschaft mir einer reichen, angesehenen Witwe und einen Bezug zum Nationalsozialismus zu tun haben. Obwohl die Lösung der Mordfälle eigentlich von Anfang an auf der Hand liegt, schafft Nele Neuhaus es immer wieder, den Leser auf eine falsche Fährte zu locken und ihn am Ende zu überraschen. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Charakteren spielt in dem Buch eine wichtige Rolle, doch eine von Neuhaus' größten Stärken ist, dass ihre Romane nie unübersichtlich werden.

Als mir klar wurde, dass des Rätsels Lösung in einem der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte liegt, habe ich schon befürchtet, dass Tiefe Wunden eine weitere, öde, längst überholte Ermahnung zum Überdenken unserer Geschichte ist, doch das Thema Nationalsozialismus wirkt im Zusammenhang mit diesem Roman überhaupt nicht abgedroschen. Neben dem eigentlichen Fall, erfährt man wieder einiges über die beiden sympathischen Ermittler, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen sind. Nele Neuhaus' Krimis gehören einfach zu den besten und spannendsten, die ich jemals gelesen habe und sind jeden Cent und jede schlaflose Nacht wert!

Wertung:

***** von fünf Sternchen

Cornelia Funke: Reckless


gelesen von: Anna (Dressler; festgebundenes Buch; 19,95 Euro)

"DER SPIEGEL ÖFFNET SICH NUR FÜR DEN, DER SICH SELBST NICHT SIEHT. Jacob wandte sich um und sein Spiegelbild erwiderte seinen Blick."

Inhalt:

Jacob Reckless hat einen Fehler gemacht nach all den Jahren der Vorsicht: Sein Bruder Will ist ihm hinter den Spiegel gefolgt. In eine Welt, in der die dunkelsten Märchen wahr sind und der Fluch einer Fee Steinernes Fleisch sät. Viele Jahre lang hat diese Welt für Jakob Zuflucht und Zuhause bedeutet, und er hat als Schatzjäger für Kaiser und Könige die magischen Dinge gesucht, sie sich in ihren Wäldern und Hügeln verbergen. Aber als Wills haut sich in Jade verwandelt, muss Jacob nur noch eines finden: die Medizin, die seinen Bruder rettet.

Meine Meinung:

Cornelia Funkes aktuellstes Buch zieht einen im Bücherladen beinahe magisch an. Das ungewöhnliche und meiner Meinung nach wunderschöne Cover strahlt eine gewisse Düsterkeit aus, die sich durchaus auch in der Handlung widerfindet. Die beiden Hauptfiguren Will und Jacob haben ihren Vater verloren und eines Tages entdeckt Jacob, der Ältere der Beiden, den Eingang in eine märchenhafte, aber auch brutale Welt, in die er immer wieder eintaucht und in der er sich ein neues Leben aufbaut. Sein neugieriger Bruder Will folgt ihm eines Tages gegen seinen Willen und gerät prompt in große Gefahr, als er verletzt wird und beginnt sich nach und nach in einen Stein zu verwandeln. Obwohl ich normalerweise mit Fantasyromanen nicht viel anfangen kann, hat die Handlung von Reckless mich dennoch überzeugt; zum einen weil viele Charaktere und Situationen in der Märchenwelt wunderschöne Metaphern für Jacobs und Wills Leben in der Realität enthalten, zum anderen weil Cornelia Funke viele Märchenfiguren der Gebrüder Grimm adaptiert hat und in die Handlung eingebaut hat. Das sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Reckless kein Kinderbuch ist!

Obwohl ich an dieser Stelle gerne aufhören und dem Roman fünf Sternchen verpassen würde, haben mich einige Sachen beim Lesen massiv gestört: die Handlung wurde in die 347 Seiten des Buches geradezu hineingepresst, sodass man gar keine Zeit hat, die Magie der Geschichte zu genießen; stattdessen hetzt Cornelia Funke von Abschnitt zu Abschnitt. Dadurch nimmt sie einem auch die Möglichkeit, ihre Charaktere kennen und lieben zu lernen, wie es zum Beispiel bei Tintenherz der Fall ist. Auf diese Weise verliert man nach der letzten Seite sofort den Bezug zu dem Roman und ich muss sogar aufpassen, die Geschichte nicht ganz aus meinem Kopf zu streichen.

Wertung:

** von fünf Sternchen

Bram Stoker: Dracula

gelesen von: Anna (Penguin Books; Taschenbuch; 2,60 Euro)

"Es ist St. Georgsnacht; wissen sie nicht, dass wenn die Uhr heute Mitternacht schlägt, alle bösen Dinge in der Welt freien Lauf haben? Wissen sie, wohin sie gehen und zu wem sie gehen?" 

Inhalt:

Die Gestalt des Grafen Dracula ist eine der bekanntesten literarischen Figuren der Welt. Seit im Jahr 1897 der Vampirroman »Dracula« des irischen Unterhaltungsschriftstellers Bram Stoker (1847 1912, Stoker, Bram) erschien, ist sie aus Literatur und Film kaum mehr wegzudenken. Besonders das Kino hat die Vampire schnell bildgewaltig für sich entdeckt den genreeigenen Qualitäten des literarischen Originals hat dies jedoch keinen Abbruch getan. Bis heute ist Bram Stokers Roman über den jungen Anwalt Harker und den dämonischen Untoten Dracula ein schaurig-schönes Leseerlebnis.

Meine Meinung:

So manch einer mag es kaum glauben, aber die Vampire in Stephenie Meyers Romanen waren nicht die ersten Vampire, die den Büchermarkt überrannt haben und seitdem allen Lesern über 16 die Lust an Vampirromanen förmlich aus den Adern saugen. Wer auf der Suche nach DEM Original der Horrorliteratur ist, muss bis ins 19.Jahrhundert zurückgehen und sich mit Bram Stokers Hauptfigur Jonathan Harker auf die Reise nach Transsylvanien zu dem reichen, aber auch seltsamen Graf Dracula machen.

Bram Stoker gelingt es auch über 100 Jahre später noch seinen Lesern einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen und das obwohl Dracula kein spannungsgeladener Roman ist. Die Geschichte wird durch Tagebucheinträge und Briefe erzählt, wobei auch die Perspektive mehrfach wechselt. Natürlich ist es nicht gerade schwer ein altes Schloss in Transsylvanien unheimlich rüberkommen zu lassen, aber kein Horrorroman hat mich in dieser Hinsicht so gepackt. Allerdings war ich auch durch viele Dracula-Verfilmungen etwas voreingenommen, sodass ich mir wohl ein bisschen mehr Spannung und Action statt subtilen Grusel erhofft hatte. Nichtsdestotrotz, wer B sagt, muss vorher A gesagt haben, wer also gerne all die modernen Vampirromane liest, muss auch mal Dracula gelesen haben!

Wertung:

*** von fünf Sternchen

Mittwoch, 22. Februar 2012

Cecilia Ahern: P.S. Ich liebe Dich


gelesen von: Steffi

"Wollen die Leute wirklich wissen, wie es einem geht, wenn sie das fragen?"

Inhalt: 

Holly und Gerry hatten einen einfachen Plan: Für den Rest ihres Lebens zusammenzubleiben. Doch nun ist Gerry tot, ein Gehirntumor. Und Holly weiß nicht, wie sie alleine weiterleben soll. Dann entdeckte sie, dass Gerry ihr während seiner letzten Tage Briefe geschrieben hat...

David Nicholls: Zwei an einem Tag


gelesen von: Anna (Kein&Aber; Taschenbuch; 9,99 Euro)

"Ich glaube, das Wichtigste ist, irgendwas zu verändern, sagte sie. - Wie, meinst du etwa 'die Welt verbessern'? - Nicht gleich die ganze Welt. Nur das kleine Stück um dich rum." 

Inhalt:

15. Juli 1988. Emma und Dexter, beide Anfang zwanzig, begegnen sich zum ersten Mal bei der Uni-Abschlussfeier, machen die Nacht zusammen durch, um am nächsten Morgen beide ihrer Wege zu gehen. Doch wo werden sie an genau diesem Tag ein Jahr später stehen? Und wo in all den darauffolgenden Jahren? Und werden sich die beiden, die einander niemals vergessen können und deren Wege sich immer wieder kreuzen, weiterhin immer knapp verpassen - oder können sie sich selbst und dem anderen irgendwann eingestehen, dass sie trotz aller markanten Unterschiede füreinander bestimmt sind?

Über einen Zeitraum von zwanzig Jahren nimmt David Nicholls jeweils den 15.Juli ins Visier, zeigt, wie Emma und Dexter ihren Weg suchen, reisen, lieben, rausprobieren, sich aber nie aus den Augen verlieren.

Meine Meinung:

Wer auf der Suche nach einem schnulzigen Roman ist, für den er sich nicht schämen muss, ist bei Zwei an einem Tag genau richtig. David Nicholls erzählt auf 541 Seiten die Geschichte von Emma und Dexter, die nach der Uni beide unabhängig voneinander versuchen, ein Leben auf die Beine zu stellen, und dennoch sich dabei niemals aus den Augen verlieren. Während Emma trotz ihres Einserabschlusses erst einmal jahrelang beruflich auf die Nase fällt, ergattert Dexter nach einer langen Auszeit einen Job im Fernsehen und lebt ein Leben auf der Überholspur. Doch wie es im Leben nun mal so ist, wendet sich das Blatt und Dexter braucht Emmas Unterstützung und Hilfe.

Ich finde die Liebesgeschichte der Beiden ziemlich realistisch, weil sie eben nicht perfekt abläuft, sondern sie Jahre brauchen, um sich ihre Gefühle füreinander einzugestehen und ein Paar zu werden. Als sie es dann schließlich schaffen, ist es jedoch fast zu spät, was beim Leser zweifelsohne eine gewisse Frustration hinterlässt. Frustrierend fand ich zweitweise auch die Langatmigkeit des Romans; David Nicholls beschreibt seine beiden Charaktere wirklich ganz genau und geht in allen Details auf ihre Entwicklung über die Jahre ein, was die beiden Figuren zwar einem echt ans Herz wachsen lässt, das Buch aber auch etwas in die Länge zieht. Mein Durchhaltevermögen hat mich aber mit einer wunderschönen und lesenswerten Geschichte belohnt!

Wertung:

**** von fünf Sternchen

Sonntag, 19. Februar 2012

Mary Hooper: Totenmädchen


gelesen von: Steffi

Die Flammen, die in die Höhe züngelten tanzten fröhlich und hell, wie Flammen es immer tun, denn sie wissen ja nicht, dass sie in einem Raum brennen, wo ein Mensch seiner letzten Stunde entgegenblickt, ein Mensch, der in Kürze am Hals aufgehängt werden wird, bis der Tod eintritt.

Inhalt: 

Oxford, im Jahre 1650: Namhafte Mediziner und junge Studenten versammeln sich im Haus des Apothekers Clarke, um der Sezierung einer Leiche beizuwohnen. Die Tote ist die sechzehnjährige Anne Green, die wegen Kindstötung zum Tod am Strang verurteilt und gehängt worden ist. In Wahrheit wurde Anne Green vom Neffen ihres Dienstherren verführt und dann sitzengelassen doch die Wahrheit hatte vor Gericht niemand hören wollen. Stunden nach Annes Tod ist der junge Student Robert der erste, der es wahrnimmt: Anne Greens Augenlider flattern. Sollte das Mädchen, das noch auf dem Schafott seine Unschuld beteuert hatte, den Strang überlebt haben?

Montag, 13. Februar 2012

Michael Jakob: Rock 'n' Roll

gelesen von: Anna (Lektora; Taschenbuch; 6,00 Euro)

"Werde gekreuzigt. Egal, kann ja wieder auferstehen. Habe keinen Bock, drei Tage rumzuhängen, und erste schon am zweiten Tag auf. Komme nach Hause. Maria Magdalena poppt mit Judas auf dem Küchentisch. (...) Sage ihm, in den letzten Tagen sei genug genagelt worden und er solle sich zum Teufel scheren."

Inhalt:

Wenn du schon immer wissen wolltest, wie es ist als Jesus Christus aufzuwachen, wie man mittels eines Rhetorik-Seminars zum Bewohner von Schloss Neuschwanstein wird und welche Evolutionssprünge in einer unaufgeräumten Speisekammer geschehen, dann ist "Rock 'n' Roll" das richtige Buch für dich. Dieses Werk beinhaltet ein Manifest für die Nacktheit, ungelöste Fragen und warnt eindringlich und anschaulich vor übermäßigem Tofu-Genuss. Nein, das stimmt nicht: Es warnt vor jeglichem Tofu - Genuss!

Meine Meinung:

Wer Michael Jakob schonmal live und in Farbe gesehen hat, weiß worauf er sich hier einlässt. Das Büchlein beinhaltet insgesamt zehn seiner Slamtexte und bei der Themenauswahl kommt eigentlich niemand zu kurz: Ich bin Jesus lädt alle normalen Menschen zum Lachen und die gläubigen Katholiken zum Aufregen ein; in Deutschland Reset kann man lernen wie man die Welt beherrscht; Verschiedene Arten veranlasst so manchen Hobbyautoren zum Aufhören; Ein Abend aus dem Leben des BWL-Studenten Michael J. lehrt, was wir alle schon wussten: Lach dir niemals einen BWL-Studenten an; in Irgendwo ist immer ein Haken gibt es gute Tipps für Menschen, die bald sterben;  Noch Fragen,Kienzle? - Ja, Hauser, eine Menge. eignet sich gut als Partyspiel; Jurassic Park ist was für Spinner und Singlemänner; in Mein Manifest werden sich einige Ossis wiederfinden; Tofu ist was für Steakliebhaber und Nachruf für die Nachdenklichen unter uns. Alles in allem nimmt man aus Rock 'n' Roll eine Lebensweisheit mit: Nimm dich und das Leben nicht so ernst. Und ist das nicht die wichtigste Lebensweisheit von allen?

Wertung:

***** von fünf Sternchen

Siegfried Lenz: Arnes Nachlaß


gelesen von: Anna (dtv; Taschenbuch; 8,90 Euro)

"Ach, Arne, wie sie erstarrten, verstummten, hinter deinem Rücken zu tuscheln begannen, als wir uns, dein Klassenlehrer voran, durch den belebten Korridor bewegten, auch wenn es nur die Jüngeren waren, die sich anstießen und kicherten: es schmerzte mich, und ich war nahe daran zwei am Genick zu packen und ihre Köpfe gegeneinanderzuschlagen."

Inhalt:

Hans hat die traurige Aufgabe, den bescheidenen Nachlaß von Arne Hellmer einzupacken - jenes außergewöhnlichen Jungen, mit der er zwei Jahre lang ein Zimmer teilte. Jedes Fundstück weckt Erinnerungen, und so erzählt er vor dem Hintergrund des Hamburger Hafens und seiner Werften nach und nach Arnes Geschichte. - In ruhigen, atmosphärisch dichten Bildern entwirft Siegfried Lenz das Psychogramm eines Jugendlichen, der das Unglück früh kennenlernt; eines Außenseiters, der verzweifelt nach Nähe und Geborgenheit sucht.

Meine Meinung:

Arnes Nachlaß hat in erster Linie das dringende Bedürfnis in mir geweckt, Germanistik zu studieren und Deutschlehrerin zu werden. Denn wie kann es sein, dass ich in 13 Jahren Deutschunterricht  für mich absolut unnötige und uninteressante Romane à la Die Verwirrungen des Zögling Törleß lesen musste, mir aber dieses Buch, dass in vielerlei Hinsicht viele Jugendliche von heute und deren Probleme beschreibt, vorenthalten wurde?

Siegfried Lenz' Hauptfigur, Arne, ist ein stiller, in sich gekehrter Junge, der stark vom Selbstmord seiner Familie geprägt wurde. Als er in eine Pflegefamilie kommt und anfängt, eine neue Schule zu besuchen, treibt ihn sein verzweifeltes Streben nach Anerkennung und sein großes Bedürfnis nach Geborgenheit immer mehr in die Rolle eines Außenseiters. Er wird von den meisten anderen Jugendlichen in seinem Umfeld ignoriert, ausgeschlossen und verspottet und schließlich aufgrund seiner naiven Art ausgenutzt. Doch wie viele andere Jugendliche in einer ähnlichen Situation, sucht Arne die Schuld bei sich selbst und trifft schließlich eine schreckliche Entscheidung. Die Handlung wird in Rückblenden von Arnes Pflegebruder Hans erzählt, wodurch der Leser nicht nur Anteil an Arnes Schicksal, sondern auch an Hans' Trauer hat. Lenz war sicherlich kein Meister der poetischen Sprache, sodass Arnes Nachlaß auf fast gefühllose Weise, beinahe ohne ein einziges Stilmittel geschrieben ist, doch obwohl mich das während dem Lesen manchmal gestört hat, hatte es am Ende genau die erwünschte Wirkung: Arnes Nachlaß hinterlässt einen dicken Kloß im Hals und es dauert ein bisschen, bis man wieder aus der Trostlosigkeit des Romans aufgetaucht ist.

Wertung:

**** von fünf Sternchen


Sonntag, 12. Februar 2012

Joanne K. Rowling: Die Märchen von Beedle dem Barden



gelesen von: Steffi

Es waren einmal drei Brüder, die wanderten auf einer einsamen, gewundenen Straße in der Abenddämmerung dahin.

Inhalt:

Welcher ordentliche Zauberer kennt sie nicht: die großartigen alten Märchen, die Beedle der Barde für die magische Gemeinschaft gesammelt hat? Jedem Zaubererkind werden sie abends vorgelesen. Nur Harry Potter hätte fast zu spät von ihnen gehört. Fast. Doch dann rettete ein wertvoller Hinweis daraus ihm das Leben - im Kampf gegen Voldemort, dem grausamsten schwarzen Magier aller Zeiten.

Samstag, 11. Februar 2012

Nina Blazon: Totenbraut

gelesen von: Steffi


Die Liebe macht uns blind, umso mehr schmerzen die Augen, wenn wir plötzlich wieder in das Licht sehen.

Inhalt:

In den Wäldern Serbiens im Jahr 1731. Die junge Jasna muss einen Mann heiraten, den sie nicht liebt, den sie nicht einmal kennt. In der Fremde, weit weg von den geliebten Schwestern, erwartet sie ein trostloses Leben. Ihr neues Zuhause ist eine Burgruine am Rande eines Dorfes, dessen Bewohner Jasnas neue Familie meiden. Als es zu einer Reihe von mysteriösen Todesfällen kommt, macht sich die junge Frau auf Spurensuche und stößt dabei auf einen uralten Fluch, der bereits zahlreiche Menschenleben gekostet hat...

Donnerstag, 9. Februar 2012

Antonia Michaelis: Der Märchenerzähler

gelesen von: Anna (Oetinger; festgebundenes Buch; 16,95 Euro; ausgeliehen)

"Heile, heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Sonnenschein, und alles wird vergessen sein."


Inhalt:

Abel Tannatek, der Außenseiter, der Schulschwänzer, der Drogendealer. Wider besseres Wissen verliebt Anna sich rettungslos in ihn. Denn da gibt es noch einen anderen Abel. Den sanften und traurigen Jungen, der für seine Schwester sorgt und der ein Märchen erzählt, das Anna nicht mehr loslässt. Doch die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen. Was, wenn das Märchen gar kein Märchen ist, sondern grausame Wirklichkeit? Was, wenn Annas Befürchtungen wahr werden? Was, wenn der, den sie liebt, zugleich ihr schlimmster Feind ist?

Meine Meinung:

Es gibt wohl kein deutsches Jugendbuch, das derzeit so kontrovers im Internet diskutiert wird, wie  Der Märchenerzähler. Für die einen ist es eine Offenbarung, die anderen hassen es... und ich? Nun, ich kann mich nicht so richtig entscheiden.

Antonia Michaelis beschreibt mit Hilfe eines wunderschönen Schreibstils die Geschichte von Anna und Abel, die aus zwei völlig unterschiedlichen Welten kommen und sich verlieben. Anna verbringt schnell viel Zeit mit Abel und seiner kleinen Schwester Micha, auf die er seit dem Verschwinden ihrer Mutter aufpasst. Abel steckt voller Geheimnisse, die er, in ein Märchen verpackt, Anna zu offenbaren sucht. Diese wechselnden Handlungsstränge, die Realität und das Märchen der kleinen Klippenkönigin, machen das Lesen dieses Romans ziemlich spannend, weil man als Leser immer wieder die Zusammenhänge erkennen und interpretieren muss. Außerdem gelingt es der Autorin einige Male ihre Leser auf eine falsche Fährte zu locken und zu schocken, sodass man das Buch schnell nicht mehr aus der Hand legen kann.

Leider finde ich die Hauptfigur Anna nicht besonders sympathisch. Antonia Michaelis wollte wahrscheinlich eine träumerische, interessante, über ihren Altersgenossen stehende Figur erschaffen, aber stattdessen kommt mir Anna sehr naiv und teilweise auch dumm vor. Abels Charakter ist da schon viel vielschichtiger und interessanter und aus meiner Sicht ist er auch die eigentliche Hauptfigur des Buches. Seine Vergangenheit und Gegenwart wird von Themen geprägt, mit denen ich mich als 14jährige (Das Buch ist ab 14 empfohlen!) noch nicht hätte beschäftigen wollen, die Der Märchenerzähler allerdings zu einem Jugendbuch machen, das auch Erwachsene in seinen Bann zieht. Als Erwachsener fallen einem allerdings auch kleine Fehler und Ungereimtheiten im Handlungsverlauf auf: so scheint Antonia Michaelis gerade in der Mitte der Geschichte über einige Details zu hetzen, die dann plötzlich rückblickend erwähnt werden, in der eigentlichen Geschichte aber nicht vorkamen oder keine große Rolle gespielt haben. Alles in allem ist das Buch aber lesenswert und schon alleine deshalb ein gutes Buch, weil es einem auch nach der letzten Seite nicht aus dem Kopf geht und zum Nachdenken anregt.

Wertung:

***,5 von fünf Sternchen


Samstag, 4. Februar 2012

Jenny Han: Der Sommer, als ich schön wurde


gelesen von: Steffi

Er wirbelte mich herum, und mir wurde schwindelig. Vor lauter Glück.

Inhalt: 

Die Sommer in Susannahs Strandhaus waren schon immer die Highlights im Leben der knapp 16-jährigen Belly. Cousins Beach, das bedeutet salziger Seewind in den Haaren, Surfershops und Karussells am Strand, Spieleabende auf der Veranda und Wettschwimmen mit Belly Bruder und den beiden Söhnen Susannahs. Der charmante Jeremiah und der ernstahfte Conrad sind vielleicht sogar das Wichtigste an den Sommerferien. Solange Belly denken kann, sind sie ihre Beschützer und Spielkameraden - und beinahe genauso lange ist Belly schon heimlich in Conrad verliebt.

In diesem Sommer allerdings könnte sich etwas ändern, denn Belly ist endlich alt genug, um auch auf Strandpartys eingeladen zu werden. Endlich fühlt sie sich nicht mehr wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine attraktive junge Frau. Und endlich interessieren sich auch andere Jungs für sie. Nur Conrad reagiert zurückhaltender als früher. Und auch der sonst so fröhliche Jeremiah wirkt bedrückt. Sind die Jungs eifersüchtig? Oder steckt etwas anderes dahinter? - Belly begreift als letzte, dass ihr Kindheitstraum von den gemeinsamen Strandhausbesuchen in diesem Jahr endet. Und dass sie ihn erst loslassen muss, bevor sie wirklich bereit ist für etwas neues.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Das Bildnis des Dorian Gray (Verfilmung)


Dauer: 112 Minuten    Originaltitel: Dorian Gray    Erscheinungsjahr: 2009    Regisseur: Oliver Parker    Hauptdarsteller: Ben Barnes, Colin Firth

Inhalt:

Als Dorian Gray die Bühne der Londoner Aristokratie betritt, verbirgt sich hinter seinem makellosen Antlitz wenig mehr als ein naiver Jüngling. Die Welt wird ihm zu Füßen liegen, so sein neuer Freund und Mentor Lord Henry Wotton, sollte er Jugend und Schönheit ausspielen, bevor auch er der Grausamkeit des Alters zum Opfer fällt. Bald steht nicht bloß die High Society unter seinem Bann, auch die ärmliche Theater-Aktrice Sybil Vane verliert ihr Herz an Dorian, als sich ihre Blicke erstmals treffen. Der eifersüchtige Maler Basil Hallward versucht auf seine Weise, sich des Emporkömmlings zu bemächtigen und fertigt ein perfektes Porträt seiner Muse an. Doch das Bild wird dem unter Henrys Ägide zum rücksichtslosen Hedonisten reifenden Dorian zur qualvollen Mahnung der eigenen Vergänglichkeit. In Rage verflucht er das Gemälde, wünscht, es solle an seiner statt altern...

Meine Meinung:

Wer hier auf der Suche nach einer perfekten Buchverfilmung ist, wird von Das Bildnis des Dorian Gray schwer enttäuscht sein. Um den Film für ein junges Publikum attraktiver zu machen (Wer sieht sich schon freiwillig die Verfilmung eines Oscar Wilde Buches an?), wurde die Handlung mit einer Menge Sex aufgeputscht, was zwar angesichts des zugegebenermaßen ziemlich heißen Schauspielers nicht schlimm ist, dem Moralverfall des Dorian Gray im Roman allerdings nicht gerecht wird. Um die angelockten Teenager dann auch im Kinosaal zu halten, wurde hier auf ziemlich billigen Grusel gesetzt, der so in keinster Weise im Roman vorkommt, allerdings durch ziemlich geniale visuelle Effekte umgesetzt wurde.

Ben Barnes scheint in der Rolle des Dorian Gray ein bisschen durch den verzweifelten Versuch, verrucht zu wirken, gehemmt zu sein, sodass ich mich manchmal gefragt habe, ob er etwas im Auge hat oder ob das ein reichlich übertriebener Schlafzimmerblick ist. Ein Lichtblick bietet allerdings Colin Firth, der zu meinen absoluten Lieblingsschauspielern gehört und in den wenigen Szenen, die von der Buchvorlage nicht gestrichen wurden, als Lord Henry glänzt.

Bewertet man den Film unabhängig von Oscar Wildes Roman, so hat Oliver Parker hier einen Teeniegruselfilm (Existiert dieses Wort überhaupt?) geschaffen, der der Twilightgeneration sicherlich gut gefällt und nicht zuletzt wegen des Hauptdarstellers nett anzugucken ist.

Wertung:

*** von fünf Sternchen

Oscar Wilde: The Picture of Dorian Gray

gelesen von: Anna

"Während der Maler die anmutige und hübsche Gestalt betrachtete, die seine Kunst so treffend wiedergegeben hatte, glitt ein heiteres Lächeln über sein Gesicht und schien dort zu verweilen.!

Inhalt:

Der unverdorbene und makellos schöne Dorian Gray wird von dem geistreich-zynischen Dandy Lord Henry Wotton zu rücksichtslosem Ausleben seiner Jugend verführt. Damit weckt er in ihm das Verlangen, ewig jung zu bleiben, um alle Sinnenfreuden auskosten zu können. Dieser Wunsch wird Dorian gewährt, der bereit ist, seine Seele dafür herzugeben; statt seiner altert in den folgenden zwei Jahrzehnten ein Porträt von ihm...

Meine Meinung:

Romane, die auf Leselisten für den Anglistik Bachelor stehen, üben grundsätzlich keine besonders anziehende Wirkung auf mich aus. Doch The Picture of Dorian Gray ist keinesfalls einer dieser langweiligen, langatmigen, realitätsfremden Klassiker, mit denen man ín der Schule zu oft gequält wurde, sondern ein wirklich spannendes Buch über die Angst vor dem Älterwerden und den Umgang mit dem Altern, also Themen , die uns auch 120 Jahre nachdem Oscar Wilde es veröffentlicht hat beschäftigen.

Die Hauptfigur Dorian Gray ist zu Beginn des Romanes noch ein typischer Jugendlicher, der naiv der fragwürdigen Lebensphilosophie eines reichen Adeligen folgt und sich im Laufe der Handlung zu einem grausamen, rücksichtslosen Mörder verwandelt. Ein Selbstporträt, das seine grausame Seele widerspiegelt, zwingt ihn jedoch seine Handlungen zu reflektieren und stürzt ihn schließlich ins Verderben. Die Beschreibung der anderen Charaktere, die aus den unterschieldlichsten sozialen Klassen kommen, katapultiert den Leser ins London des 19.Jahrhunderts und bietet viele Einsichten in die damalige Lebensweise.

Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen hat Oscar Wilde einen sehr angenehmen Schreibstil, der auch in der Originalsprache leicht zu verstehen ist. Das Einzige, was ich an The Picture of Dorian Gray auszusetzen habe, ist ein völlig sinnfreies Kapitel gegen Ende des Buches, in dem Oscar Wilde auf eher unglückliche Art und Weise einige Jahre seiner Hauptfigur zusammenfasst und dabei unglaublich unnötig ausschweift. Hier war ein wenig Durchhaltevermögen erforderlich, das dann aber mit einem fenomenalen Ende belohnt wurde.

Wertung:

**** von fünf Sternchen