Mittwoch, 18. Januar 2012

Jodi Picoult: Die Wahrheit meines Vaters

gelesen von: Anna (Piper; Taschenbuch/Mängelexemplar; 5,00 Euro)

"Kein Mensch lebt in dieser Welt, ohne Spuren zu hinterlassen. Es gibt Spuren wie Kreditkartenabrechnungen und Terminkalender und Versprechen, die du anderen gegeben hast. Es gibt mikroskopische Spuren wie Fingerabdrücke, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Und selbst wenn nichts dergleichen vorhanden ist, bleibt der Geruch."

Inhalt:

Delia Hopkins steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Eric, liebt das Leben mit ihrer kleinen Tochter Sophie und kann trotz des frühen Todes ihrer Mutter auf eine unbeschwerte Kindheit zurückblicken. Seit sie jedoch die vergilbten Hochzeitsbilder ihrer Eltern gesehen hat, spuken Erinnerungen durch ihren Kopf, mit denen sie nichts anzufangen weiß. Bevor sie mit ihrem Vater Andrew, dem angesehenen Leiter eines Altenheims, darüber sprechen kann, steht die Polizei vor der Tür und offenbart ein schreckliches Geheimnis über ihn. Delias Welt zerfällt vor ihren Augen, denn offenbar ist sie nicht die, für die sie sich gehalten hat... Was geschieht, wenn einem plötzlich die eigene Vergangenheit geraubt wird? Mitreißend erzählt Jodi Picoult die packende Geschichte einer Frau, die vom Schicksal dazu gezwungen wird, über den Wert ihrer Erinnerungen und ihrer Liebe nachzudenken.

Meine Meinung:

Nachdem ich von Die Hexenjagd von Salem Falls ziemlich enttäuscht war, hatte ich fast schon ein bisschen Angst davor, dieses Buch in die Hand zu nehmen; einen weniger guten Roman kann ich Jodi Picoult verzeihen, aber zwei hintereinander? Zum Glück ist Die Wahrheit meines Vaters eines der besten Bücher, die ich bisher von ihr gelesen habe.

Hier gelingt es Jodi Picoult nämlich mal wieder unglaublich sympathische Charaktere durch eine ziemlich verzwickte Situation gehen zu lassen und dabei ihre Leser dazu zu zwingen, darüber nachzudenken, wie sie anstelle der Charaktere gehandelt hätten. Delias Suche nach der Wahrheit über ihre Kindheit bleibt bis zum letzten Kapitel spannend und als Leser ändert man seine Meinung über Delias Vater, der sie als Kind entführt haben soll und deshalb angeklagt wird, ständig.

Im Gegensatz zu Die Hexenjagd von Salem Falls sind die Nebenhandlungen in Die Wahrheit meines Vaters keinesfalls verwirrend, sondern greifen die Themen Familie und Familienzusammenhalt auf. Der Leser erfährt, dass Delias kleine Familie keinesfalls perfekt ist und sie sich fragen muss, was Familie überhaupt bedeutet und wie unterschiedlich Familie interpretiert werden kann. Die Erfahrungen, die Delias Vater während seiner Untersuchungshaft macht, sind nichts für schwache Gemüter, doch kann man hier einiges über das amerikanische Rechtssystem und die Zustände in amerikanischen Gefängnissen lernen. Jodi Picoult hinterlässt mit diesem Roman ihren Lesern viele moralische Fragen, die jeder individuell für sich beantworten muss, und sollte ein gutes Buch nicht zum Nachdenken anregen?

Wertung:

***** von 5 Sternchen