Donnerstag, 21. Juni 2012
Jodi Picoult: Neunzehn Minuten
gelesen von: Anna (Piper; Taschenbuch; 9,99 Euro)
"Manchmal empfand Josie ihr Leben als ein Zimmer ohne Türen und Fenster. Es war ein
Luxuszimmer, zugegeben, ein Zimmer, um das die halbe Sterling Highschool sie beneidet
hätte, aber es war auch ein Zimmer, aus dem es kein Entrinnen gab."
Inhalt:
In neunzehn Minuten kann man das Gras in seinem Vorgarten mähen, die Haare färben oder einen Kuchen backen. Neunzehn Minuten dauert es mit dem Auto von Vermont ins beschauliche Sterling, New Hampshire. In neunzehn Minuten kann man die Welt zum Stillstand bringen und einfach aus ihr herausfallen: Neunzehn Minuten kostet es, Rache zu nehmen. Das hat der siebzehnjährige Peter Houghton getan. Noch weiß niemand in Sterling, wofür, doch mit diesem unaussprechlichen Akt der Gewalt ist die Welt des kleinen Orts für immer aus den Angeln gehoben. Und während Peter sich für den Tod von zehn Mitschülern verantworten muss, beginnt jeder in Sterling, über die Hintergründe seiner Tat nachzudenken... Sorfältig recherchiert und sensibel erzählt greift die Bestsellerautorin Jodi Picoult ein brisantes Thema auf.
Meine Meinung:
In Neunzehn Minuten greift Jodi Picoult mal wieder ein unangenehmes Thema auf. Der Amoklauf des siebzehnjährigen Peters, bei dem zehn Jugendliche ums Leben kommen, wird auf 480 Seiten aus unterschiedlichen Perspektiven und auf verschiedenen zeitlichen Ebenen beleuchtet, wodurch der Roman wahnsinnig spannend und interessant bleibt. Wiedereinmal zeichnet Jodi Picoult die Figuren in dieser Geschichte so gefühlvoll und genau, dass man sich als Leser schnell sogar in den Täter hineinversetzen kann und dessen Beweggründe beinahe nachvollziehen kann. Besonders Josie, Peters Freundin aus Kindertagen, ist mir mit all ihren Selbstzweifeln und ihrer unermüdlichen Suche nach ihrer Stellung in der Gesellschaft ans Herz gewachsen.
Während sich die meisten Romane, die sich mit Amokläufen beschäftigen, wie eine Anklage an den Täter oder an die Gesellschat lesen, verwischt Jodi Picoult die Grenze zwischen Tätern und Opfern, bedient dabei aber leider auch jede Menge Klischees. Die Verhältnisse, in denen Peter aufwächst, seine Charakterzüge und die Situation in seiner High School könnten aus jedem beliebigen Zeitungsartikel über jeden beliebigen Amoklauf stammen. Dadurch wirken die Grundzüge des Romans etwas lieblos, was aber durch Picoults großartigen Schreibstil und ihre spannende Art, Geschichten zu erzählen, wieder aufgefangen wird.
Wertung:
**** von fünf Sternchen