Sonntag, 24. Juni 2012

Jodi Picoult: Auf den zweiten Blick


gelesen von: Anna (Piper; Taschenbuch; 9,95 Euro)

"Manchmal, wenn wir alleine waren, redete Alex im Bühnenton mit mir. Manchmal ignorierte er mich stundenlang, um mich dann plötzlich ins Schlafzimmer zu zerren, wo er mich mit einer Leidenschaft nahm, die an Gewalt grenzte."

Inhalt:

Der Polizist Will liest in Los Angeles eine junge Frau auf, die nicht weiß, wer sie ist. Er hilft ihr und versucht, ihre Identität herauszufinden. Bald meldet sich Alex Rivers, der berühmte Schauspieler, und identifiziert sie als seine schwangere Frau Cassie. Als er ihr den liebevollen Ehemann vorspielt, kehren in ihr bedrohliche Erinnerungen an die Beziehung mit ihm zurück...

Meine Meinung:

Auf den zweiten Blick ist in erster Linie ein typischer Jodi Picoult Roman: das zwischenmenschliche/soziale Problem heißt in diesem Fall häusliche Gewalt und durch den ungewöhnlichen Aufbau des Romans ist die Geschichte von Cassie bis zur letzten Seite so spannend, dass man das Buch kaum aus den Fingern legen kann.

Wie gewohnt, sind Picoults Figuren auch in diesem Roman unglaublich sympathisch und ihre Handlungen verständlich und nachvollziehbar. Doch anstatt wie üblich häufig die Perspektive zu wechseln, hat die Autorin einen großen Teil der Mitte des Buches nur aus Cassies und Alex' Perspektive geschrieben, sodass die dritte Hauptfigur, Will, bei mir fast etwas in Vergessenheit geraten ist und ich Schwierigkeiten hatte, wieder in die Geschichte hineinzufinden. Etwas versöhnlich hat mich aber Cassies Zeit bei Wills Großeltern, die in einem Indianerreservat leben und Cassie ihre Kultur und Tradition näher bringen. Ähnlich wie in Beim Leben meiner Schwester überrascht auch hier das Ende, worüber man sich zwar ziemlich aufregen kann, nichtsdestotrotz muss man Jodi Picoult eines lassen: ihre Geschichten sind direkt aus dem Leben gegriffen und entsprechen leider oftmals der Realität.

Wertung:

*** von fünf Sternchen

Donnerstag, 21. Juni 2012

Astrid Lindgren: Der beste Karlsson der Welt

gelesen von: Anna 

"Was ist das für ein rätselhaftes und seltsames Ding, das hier in Stockholm umherfliegt? Die Leute behaupten, eine ungewöhnlich kleine fliegende Tonne oder etwas Ähnliches komme hin und wieder mit kräftig brummendem Motor über die Hausdächer im Vasaviertel gesaust. Das Luftfahrtministerium weiß nichts von diesem merkwürdigen Flugverkehr, und daher ist der Verdacht entstanden, daß man es mit einem unheimlichen ausländischen Spion zu tun habe..."

Inhalt:

Tirritieren, schabernacken, figurieren - das sind (außer essen) Karlssons Lieblingsbeschäftigungen. Mit einer Spielzeugpistole, furchterregenden Verwandlungskünsten und einer entnervenden Logik setzt er die Leute in Schrecken und Verwirrung. Er läßt die Badewanne überlaufen, erzeugt mit einer wassergefüllten Tüte den kolossalsten Platsch der Welt und verursacht ein Schneegestöber aus einem Daunenkissen. Er konstruiert eine Diebesfalle und betätigt sich als Schnarchforscher und Schreckse (schreckenverbreitende Hexe). Lillebror macht sich Sorgen um seinen allzu unbekümmerten Freund, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist; er wird nämlich für einen unheimlichen ausländischen Spion gehalten. Doch pfiffig schlägt Karlsson seinen Verfolgern ein Schnippchen und verdient sich die Prämie selbst. Wie er das macht, möchtet Ihr wissen? Dann lest dieses Buch, in dem alles ganz genau beschrieben wird.

Meine Meinung:

Die Geschichten von Karlsson und Lillebror gehören ohne Zweifel zu den Schönsten aus Astrid Lindgrens Feder. Jedes Kind und jeder Erwachsene kann an einem grauen Nachmittag am heimischen Schreibtisch davon träumen, dass ein kleiner Mensch mit Propeller auf dem Rücken vor dem Fenster auftaucht und ihn mit auf seine Abenteuer nimmt. Was waren das noch für Zeiten, als Kinder ihre Tage total versunken in Astrid Lindgren Bücher verbracht haben und nicht stundenlang vor ihrer Playstation saßen...

Wertung:

 ***** von fünf Sternchen

Jodi Picoult: Neunzehn Minuten


gelesen von: Anna (Piper; Taschenbuch; 9,99 Euro)

"Manchmal empfand Josie ihr Leben als ein Zimmer ohne Türen und Fenster. Es war ein
Luxuszimmer, zugegeben, ein Zimmer, um das die halbe Sterling Highschool sie beneidet
hätte, aber es war auch ein Zimmer, aus dem es kein Entrinnen gab."


Inhalt:

In neunzehn Minuten kann man das Gras in seinem Vorgarten mähen, die Haare färben oder einen Kuchen backen. Neunzehn Minuten dauert es mit dem Auto von Vermont ins beschauliche Sterling, New Hampshire. In neunzehn Minuten kann man die Welt zum Stillstand bringen und einfach aus ihr herausfallen: Neunzehn Minuten kostet es, Rache zu nehmen. Das hat der siebzehnjährige Peter Houghton getan. Noch weiß niemand in Sterling, wofür, doch mit diesem unaussprechlichen Akt der Gewalt ist die Welt des kleinen Orts für immer aus den Angeln gehoben. Und während Peter sich für den Tod von zehn Mitschülern verantworten muss, beginnt jeder in Sterling, über die Hintergründe seiner Tat nachzudenken... Sorfältig recherchiert und sensibel erzählt greift die Bestsellerautorin Jodi Picoult ein brisantes Thema auf.

Meine Meinung:

In Neunzehn Minuten greift Jodi Picoult mal wieder ein unangenehmes Thema auf. Der Amoklauf des siebzehnjährigen Peters, bei dem zehn Jugendliche ums Leben kommen, wird auf 480 Seiten aus unterschiedlichen Perspektiven und auf verschiedenen zeitlichen Ebenen beleuchtet, wodurch der Roman wahnsinnig spannend und interessant bleibt. Wiedereinmal zeichnet Jodi Picoult die Figuren in dieser Geschichte so gefühlvoll und genau, dass man sich als Leser schnell sogar in den Täter hineinversetzen kann und dessen Beweggründe beinahe nachvollziehen kann. Besonders Josie, Peters Freundin aus Kindertagen, ist mir mit all ihren Selbstzweifeln und ihrer unermüdlichen Suche nach ihrer Stellung in der Gesellschaft ans Herz gewachsen.

Während sich die meisten Romane, die sich mit Amokläufen beschäftigen, wie eine Anklage an den Täter oder an die Gesellschat lesen, verwischt Jodi Picoult die Grenze zwischen Tätern und Opfern, bedient dabei aber leider auch jede Menge Klischees. Die Verhältnisse, in denen Peter aufwächst, seine Charakterzüge und die Situation in seiner High School könnten aus jedem beliebigen Zeitungsartikel über jeden beliebigen Amoklauf stammen. Dadurch wirken die Grundzüge des Romans etwas lieblos, was aber durch Picoults großartigen Schreibstil und ihre spannende Art, Geschichten zu erzählen, wieder aufgefangen wird.

Wertung:

**** von fünf Sternchen